© Florian Liedel

Trauer um Elisabeth Trissenaar

Am 14. Januar verstarb die großartige Theater- und Filmschauspielerin und Gründungsmitglied der Deutschen Filmakademie Elisabeth Trissenaar im Alter von 79 Jahren.

Neben unzähligen Engagements an namhaften Theaterbühnen seit Mitte der 60er Jahre, war sie in zahlreichen Filmen zu sehen. In Rainer Werner Fassbinders „Bolwieser“ (1977) spielte sie ebenso mit, wie in seinen Werken „In einem Jahr mit 13 Monden“ (1978), in „Die Ehe der Maria Braun“ (1978) und in „Berlin Alexanderplatz“ (1980). In den 90er Jahren sah man sie unter anderem im großen Ensemble von Doris Dörries „Keiner liebt mich“ (1994) oder neben Harald Juhnke in „Der Hauptmann von Köpenick“ (1997) sowie in „Die Bubi-Scholz-Story“ (1998) mit Götz George.

Ab 2000 fiel sie in markanten Nebenrollen, so zum Beispiel in „Kalt ist der Abendhauch“ (2000), „Kein Himmel über Afrika“ (2005), „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ (2008) oder „So glücklich war ich noch nie“ (2009) auf. Ihren letzten Kinoauftritt hatte sie im Ensemble von Vanessa Jopps „Lügen und andere Wahrheiten“ (2014).

Sie wird uns und dem deutschen Film fehlen. Ihre Kollegin Petra Zieser nimmt Abschied.

Als ich als junge Schauspielerin in einem Seminar die Medea erarbeitete (sie tötet aus Rache die Geliebte ihres Mannes und obendrein noch ihre eigenen Söhne), sagte die Schauspieltrainerin nach meinem Monolog: „Medeas Gefühle sind ein gewaltvoller, reißender Fluss und du dämmst ihn ein. Lass ihn über die Ufer treten und alles vernichten.“
Seltsamerweise (und das ist der Zeit geschuldet) drängte sich mir nach dieses Ansage als erstes die Frage auf: darf ich das denn? Darf ich so spielen?
Die Antwort gab mir Elisabeth Trissenaar, als ich sie 1986 als Elektra in der Freien Volksbühne sah.
Sie riss alle und alles mit sich, ohne Rücksicht auf Verluste, mit einer unbändigen physischen Lust und Kraft, wie ich vorher noch nie eine Schauspielerin erlebt habe. Und da wusste ich: ja, man darf so spielen. Und es ist unglaublich schön und befreiend.
Seit dem habe ich Elisabeth in etlichen Rollen gesehen, auf der Bühne, auf der Leinwand, im TV und jedesmal speise ich ihre unvergleichliche, überbordende Kraft in meine Batterie ein und erinnere mich an ihre geheime Botschaft an mich: Ja, du darfst.

Ich habe ihr das nie gesagt, obwohl wir uns in der Akademie oft begegnet sind, sie besuchte jedes Schauspielsektionstreffen. Aber bei der letzten Mitgliederversammlung im November nahm ich sie bei der Hand und stellte sie einem jungen Kollegen vor: „Das ist Elisabeth Trissenaar, eine der ganz Großen unserer Zeit“. Und ich war plötzlich so stolz, dass wir beide so zusammen stehen, an einem Sonntagvormittag und uns noch eine Weile bei der Hand halten und plaudern, über Filme und Schauspiel. Und natürlich über das Leben.
Liebe Elisabeth, es bleibt so viel von dir.