Otto Mellies
Akademie

Zum Tod von Otto Mellies – Andreas Dresen nimmt Abschied im Namen der Akademie

Otto war ein Theatermann durch und durch. Ein Grandsigneur noch dazu.

Wie oft habe ich ihn im Deutschen Theater gesehen. Er war einer von diesen ganz besonderen Schauspielern alter Schule und Kultur. Wenn er auftrat, sah man hin – eine unwiderstehliche Präsenz und Präzision, eine berückende Kultur der Sprache mit einer Stimme, die man nie mehr vergisst.

Film war für ihn Nebenbeschäftigung, trotzdem hatte er dabei sichtbares Vergnügen. Er spielte mit seiner äußerlich aristokratischen Ausstrahlung und ließ sie wie einen splittrigen Spiegel in tausend Teile zerspringen, um dahinter den verletzlich-brüchigen Menschen sichtbar zu machen.

In HALT AUF FREIER STRECKE ist er als Vater mit dem viel zu frühen Sterben seines Sohnes konfrontiert. Er hat nur 2 Szenen und macht darin eine erschütternde innere Bewegung kenntlich. Die emotional kontrollierte Selbstdisziplinierung der Nachkriegsgeneration entgleitet auf stille Art am Sterbebett. Ein langsames Abnehmen der Brille, ein Ausweichen des Blickes, ein unsicheres Zittern und Wischen der Hand – und schon sitzt da ein Mensch, den das Leben Kontrolle gelehrt und der dahinter verborgen hat, dass er manchmal auch einfach schwach sein möchte. In einem kleinen Moment wird das Trauma einer ganzen Generation sichtbar.

Wie hat er sich über den Filmpreis für diese Darstellung gefreut, wie glücklich bin ich gewesen, mit ihm drehen zu dürfen.

Machs gut, Otto, du großer, stolzer, wunderbarer Spieler.

Andreas Dresen

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