Die Deutsche Filmakademie nimmt Abschied von Peter R. Adam

Gestern ist unser Gründungsmitglied und lieber Freund, der Schnittmeister Peter R. Adam im Alter von 66 Jahren verstorben. Peter Adam war der Akademie von Beginn an eng verbunden. Seit 2003 gehörte er mit nur wenigen Jahren Pause dem Vorstand an und hat sich im Rahmen dieser Aufgabe sehr für den deutschen Film und die Interessen seiner Sektions-Kolleg:innen stark gemacht. 2008 initiierte er gemeinsam mit Tobias Kniebe das Online-Wissenportal „vierundzwanzig.de“, das er noch viele Jahre als Künstlerischer Leiter inhaltlich begleitete und das die Grundlage für alle folgenden Filmbildungsprojekte der Deutschen Filmakademie wurde.
Fünf Mal wurde Peter Adam im Laufe seiner beeindruckenden Karriere für den Deutschen Filmpreis nominiert, für „Comedian Harmonists“, „Good bye Lenin!“ und „Anonymus“ wurde er mit der goldenen Lola ausgezeichnet.

Seine engen Freunde und Kollegen Detlev Buck und Leander Haußmann finden persönliche Worte des Abschieds für einen Menschen, der uns und dem deutschen Film sehr fehlen wird. Unsere Gedanken sind bei Peters Ehefrau und seinem Sohn.


Peter R. Adam hat mir in einem Seminar die Welt des Tons, auf seinem damals top angesagten Opus, nähergebracht – lange vor der digitalen Zeit, hat Peter den Ton für „Arche Noah Prinzip“ digital geschnitten.
Peter, ich war beeindruckt von der Art, wie uneitel Du alle Seminarteilnehmer an Deinem Wissen hast teilnehmen lassen. Auf meine Frage, ob Du auch Bild schneiden würdest, sagtest Du: „Das ist mein Plan, mein nächster Schritt ist der Bildschnitt.“
„Wir können auch anders“ erhielt seinen Schnitt und seine Form noch auf dem Steenbecktisch.
Den Schritt etwas weiterzugehen, zu wagen, hast Du immer gemacht. Dein Leben lang. Im Beruf als auch privat. In allen Lebenslagen war die Neugierde die größte Gierde, der Du gefolgt bist.
Alle die Peter nicht kennen, schaut jetzt in seiner Filmografie nach, mit wie vielen unterschiedlichen Regiecharakteren Peter gearbeitet hat. Peter konnte sich auf Alle und Alles einstellen. Denn Peter war offen für Alles. Peter, war ein Gentleman, der nicht verurteilt hat. Deswegen warst Du auch von Anfang an ein integrativer Teil der neu gegründeten Filmakademie.
Für Peter war alles möglich. Und Peter hat für einen konkreten Film auch Alles möglich gemacht. Peter mochte nicht, wenn man nicht präzise benennen konnte, was falsch ist im Film. Wenn man nur darauf bedacht war, dass der Film ein Erfolg ist, ohne zu wissen, wie Erfolg geht. Da keiner weiß, wie dauernder Erfolg geht, sollte eigentlich der Gentleman der Neugierde gewinnen.
Doch leider war das nicht immer der Fall und da Du ein sensibler Mensch warst, hast Du Dir das schwer zu Herzen genommen. Ein Fehler? Die Sensibilität hat Dich ausgemacht. Du hast den Filmschnitt geliebt. Schnitt verdichtet, verändert die Perspektive, dafür hattest Du ein Händchen.
Claus Bojes Herzenswunsch „Zero Gravity“ hast Du dann auch finalisiert. Dann erhielt Claus die Krebsdiagnose und ein Jahr später Du.
Ich habe bewundert, wie Du danach jeden Tag bewusst genossen hast. Ich habe gesagt, dass ich von Deiner Persönlichkeit lerne und dafür hast Du Dich dann noch bedankt. Du wolltest nicht auf eine schöne warme Insel, sondern weiter schneiden. Selbst im Krankenhaus hast Du weiter geschnitten. Auch noch Vivien geheiratet. In der Nacht von Sonntag auf Montag konnte ich nicht schlafen, bin raus in die kalte weiße Nacht. Um 2.03 Uhr hast Du die Augen für immer geschlossen.
Der Tod ist pur. Ein geradezu präzises Momentum. Ein Schnitt und Aus.

Detlev Buck


In den dreißig Jahren in denen ich mit Peter gearbeitet habe, in denen eine Freundschaft entstand, die mit den Jahren wuchs, und die drei Filme hervorbrachten, habe ich ihn nicht ein einziges Mal laut, ungeduldig oder wütend erlebt. Peters standhafte Weigerung sich auf den immer schärfer werdenden Sound dieser Welt einzulassen, machte ihn zu einem wirklich großen Menschen. Ich sage das nicht leichtfertig. Peter Adam war eine Konstante in einem Meer von Ignoranz, Meckerei, Machtposen, in der immer tiefer werdenden Kluft zwischen Kommerz und Kreativität. Er vermochte stets zu vermitteln und
Brücken zu bauen.
Sein Wesen war sanft und sein Charakter, von allen die ich kannte, der beste. So sehr ich auch darüber nachdenke, so sehr ich auch suche, ich finde bei ihm kein Haar in der Suppe. Als Schnittmeister (diesen Berufsbezeichnung zog er allen anderen vor), hatte er zwei unschätzbare Vorteile, er kam von der Musik und es gab kein Zeitfenster für ihn. Es hieß nie „Jetzt
muss ich mal nach Hause“, denn er arbeitete zu Hause. Ich selbst, der kein-Ende-Findende, musste einschätzen, ob jetzt der Moment häuslichen Lebens (in der Regel in fließenden Übergängen) einkehrte und es Zeit für mich war zu mir nach Hause zu gehen. Denn Peter hätte mich nie rausgeschmissen, selbst wenn schon der Tisch gedeckt, oder das Bett gemacht wurde. Er war ein Gentleman durch und durch.
Er trennte nicht sein Leben von dem was er tat, denn das was er tat, war sein Leben und ich durfte ein Teil davon sein.
In den letzten Monaten, in denen immer klarer wurde, das ihm nicht mehr viel Zeit bleibt, kam zu alldem Leid, das er diskret vor uns versteckte, eine geradezu heilige Sanftmut über ihn. Über das was er durchmachte, sprach er nicht. Denn er war doch immer derjenige gewesen, der uns aufbaute und Wege zeigt aus jeglicher Misere, nach einer misslungenen Szene, einem katastrophalen Testscreening, einer ignoranten Auswertung.
Denn das war er: Ein großer Tröster in trostlosen Situationen. So auch bis zum Schluss. Im Krankenhaus Friedrichshain, als er sich mit seiner Weggefährtin und großen Liebe Vivien die Hand reichte, durfte ich als Trauzeuge ein Teil der Familie sein, die so tapfer und so mutig und so stark an seiner Seite stand, in ihnen lebt Peter auf heitere Weise weiter und in seinen Filmen.
Einige davon mittlerweile Klassiker.

Leander Haußmann