Trauer um Anna Justice – Ein Nachruf von Adriana Altaras
Meine Freundin Anna Justice ist tot. Sie ist nach langer, schwerer Krankheit am Sonntag den 18.4.2021 gestorben. So etwas steht in Nachrufen.
Einen Nachruf über eine Freundin zu schreiben ist merkwürdig. Freundschaft ist doch für die Ewigkeit – hört sie auf, wenn jemand geht? Und überhaupt – das kann doch nicht sein – dass es Anna nicht mehr gibt – diese lebensfrohe, großherzige, zarte Person.
Aber Anna ist tot, das teilte mir ihr langjähriger Partner und Vater ihrer Töchter mit.
Ich kenne Dich, Anna, seit wir zusammen „Max Minsky und ich“ gedreht haben, einen Kinder- und Jugendfilm. Ich spielte eine amerikanisch-jüdische Mutter mit New Yorker Akzent. Monica Bleibtreu war auch dabei.
Zum Dreh trugst Du manchmal einen Bikini unter dem Sommerkleid. Du sahst wunderschön aus und so jung. Ich dachte „gleich gehen wir baden“. So war auch der Dreh mit Dir – leicht und voller Freude und Farben. So könnten Drehs immer sein: inspirierend, entspannt, und ohne Qual. Dennoch war Anna sehr präzise. Wenn ein Detail nicht stimmte – im Spiel – oder die Farbe einer Vase – biss sie sich fest und dachte nach, bis sie eine Lösung für sich und den Film fand. Am Ende wurde alles raffiniert, leicht und doch minutiös erarbeitet.
Wir haben damals ganz knapp die Lola nicht bekommen, aber unsere hübschen Kleider leuchteten an diesem Abend trotzdem.
Anna hat viele wunderschöne, traurige, starke und humorvolle Filme gemacht, wie z.B. „Die verlorene Zeit“ mit Dagmar Manzel oder „Das Leben vor mir“ mit Matthias Habich. Sie erhielt viele Preise. Das Jüdische kam bei ihr oft vor. Ganz normal und empathisch.
Einmal hat mir Anna erzählt, dass sie – lange bevor sie an der DFFB Regie studierte – in Kalifornien in einem Bettengeschäft gearbeitet und dort den Stars Damast Bettwäsche verkauft habe. Sie hat auch das wohl so zauberhaft gemacht, dass Madonna nur noch bei ihr einkaufen wollte. Robin Williams und Philip Seymour Hoffman auch?
Die triffst Du jetzt, Anna. Dort, wo es hoffentlich schön ist, warm, und ohne Schmerz. Ob man da Filme drehen kann, kann ich allerdings nicht zuverlässig sagen.
Du hast das Leben geliebt, Deine Töchter, Deinen Garten, Deine Freunde und Deine Arbeit. Du hast bis vor kurzem noch geschrieben und gedreht. „Arbeiten, drehen, ist doch herrlich“ hast Du gesagt.
Wir haben in Deinem Garten gesessen und zumindest theoretisch die Welt fast aus den Angeln gehoben – oder sie wenigstens zu verstehen versucht. Bei unserem letzten Abendessen waren zwei Freunde dabei, Chris Kraus und Gioia Raspé. Ich habe sehr viel gekocht und wir haben sehr viel gelacht.
Zwischendurch hast Du Dich hingelegt. Du seist eine unglaublich neugierige, lustige und unternehmungslustige Studentin gewesen, die alle Angebote begierig annahm, erzählte Chris. Auch wenn Du alleine im Kinosaal saßest, Du hast alle Filme angeschaut.
„Ja“ hast Du gesagt, „das ist doch selbstverständlich. So ein Privileg, mein Beruf, mein Leben!“
So jemand, dachte ich, der schafft es, den kriegt die Krankheit nicht klein.
Am 16.5. wärst Du 59 geworden. Ich vermisse Dich jetzt schon.